ARCHÄOLOGISCHE STÄTTEN VON AGRIGENT
WELTKULTURERBE
Es ist eine seit Jahrhunderten überlieferte Hymne an die Schönheit, im Schatten von Mandel-, Zitrus- und tausendjährigen Olivenbäumen, auf der felsigen Hochebene, wo 580 v. Chr. Siedler aus Rhodos und Kreta die Stadt Akragas gründeten. „Die schönste Stadt der Sterblichen“, wie sie der Dichter Pindaro bezeichnete, sollte mit ihrer Pracht all diejenigen beeindrucken, die sich ihr zu Wasser und auf dem Landweg näherten: Die architektonischen Bauwerke ragten in ihrer nüchternen Erhabenheit in den Himmel und waren von einer Stadtmauer umringt, entlang derer eine Reihe monumentaler dorischer Tempel errichtet wurden, was die Mauer zu einer heiligen Stadtmauer machte. Akragas führte Handel über die Routen des Mittelmeeres und große Denker bereicherten das kulturelle Leben der Stadt. Über seine Mitbürger schrieb Empedokles, dass sie Tempel bauten, als würde der Tod für sie nicht existieren. 406 v. Chr. wurde Akragas durch die Karthager zerstört. Ab circa 210 v. Chr. besiedelten die Römer die zerstörte Stadt und nannten sie Agrigentum. Die zerstörten Tempel wurden wieder aufgebaut und die Stadt kam zu neuer Blüte.
NICHT ZU VERPASSEN
„Das Tabernakel des Concordiatempels ist würdevoll, […] eine kleine Kammer, ein Innenraum mit weichen, porösen Wänden: ein blinder Gott, fern und doch sanft. […] Die antike Klarheit des Tals von Agrigent beruhigt, ein Land der weißen Schatten: Der Ephebe von Agrigent, sein linkes Bein ist auf der Höhe des Knies abgetrennt, sein Hals ist stark, sein Lächeln hingegen zögerlich; der Schmerz der Phädra, die auf einem Marmorrelief zwischen ihren Dienerinnen abgebildet ist.“
So beschreibt Enzo Siciliano auf dem Rückweg von einer Reise nach Sizilien, die er mit Alberto Moravia, Monica Vitti, Dacia Maraini und Cesare Garboli im Jahr 1963 unternommen hatte, das Tal der Tempel in einer Art Reisetagebuch, das in drei Folgen in der Zeitschrift Il Mondo veröffentlicht wurde. Durch die Worte Moravias inspiriert, steigen wir ins Auto, um die Schätze Agrigents und dessen Umland zu entdecken.
Google Maps
„Wie ein Leuchtkäfer fiel ich in einer
Juninacht unter eine große Pinie, die einsam
auf einem Feld Sarazenischer Olivenbäume
stand, welches am Rande einer am
afrikanischen Meer liegenden Hochebene lag.“
Aufenthalt auf der Erde, Luigi Pirandello
Das Licht des „Leuchtkäfers“ namens Luigi Pirandello, der 1867 auf einem Feld zwischen Agrigent und Porto Empedocle in ein Haus fiel, ist nie erloschen. Als Nobelpreisträger für Literatur legte der Schriftsteller in seiner Heimat einen Grundstein. Leonardo Sciascia erklärte Folgendes: „All das, was ich zu sagen versuchte, was ich sagte, war für mich stets auch ein Diskurs über Pirandello“. Sciascia, der aufgrund seiner Kriminalromane bekannt ist, wurde 1921 in Racalmuto in der Provinz Agrigento geboren, wo man seine Bronzestatue bewundern kann. Ihm zu Ehren wurden außerdem eine Stiftung und das Haus-Museum gegründet. Die räumliche Nähe der Geburtsorte von Sciascia und Pirandello scheint auch auf geistiger Ebene zu bestehen. Selbiges gilt auch für Andrea Camilleri, dem dritten sehr erfolgreichen Autor aus der Gegend von Agrigent. „Wir, die aus dem Umland von Girgenti stammen, sind alle Anhänger Pirandellos“. Girgenti ist nichts anderes als Agrigent, denn so hieß die Stadt bis 1927. „Wenn ich Agrigent höre, dann denke ich an den Faschismus, wenn ich Girgenti höre, dann denke ich an Pirandello“, erklärte Camilleri. Viele seiner Romane spielen an Orten mit Fantasienamen. Dennoch ist es nicht schwierig, Agrigento in Montelusa und Porto Empedocle in Vigata wiederzuerkennen. Im Zentrum von Girgenti steht eine Statue von ihm, wie er an einem Bartisch sitzt.
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Die italienischen UNESCO-Welterbestätten erzählen ihre Geschichte durch die Worte großer Schriftsteller, die ihre Geschichte und Schönheit gefeiert haben
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„DIE KLEINE [...] GING GERNE MIT IHREM OPA AUF DEM LAND SPAZIEREN, DER OPA, DER IHR VIELE DINGE ERKLÄRTE, ZUM BEISPIEL, DASS DIE WOLKEN AUS SCHLAGSAHNE UND DIE BLÄTTER FRÜHER BLAU WAREN, DOCH AUS NEID AUF DIE FARBEN DES REGENBOGENS GRÜN WURDEN.“
LESEEMPFEHLUNGEN
Empfohlene Literatur, die sich zwischen Realität und Mythos befindet und die Identität Agrigents und Siziliens beschreibt.
- La Sicilia, Guy de Maupassant (1886). Maupassant war nicht nur ein ausgesprochen talentierter Erzähler, sondern auch ein Abenteurer und Autor von Reiseerzählungen. Sein Artike Sizilien ist eine realistische und zugleich lyrische Beschreibung der Insel. Der Artikel wurde von mehreren italienischen Verlegern übersetzt und kam dann zunächst in einer Zeitschrift und später in der Gedichtsammlung Irrfahrten (1890) heraus.
- Die Alten und die Jungen, Luigi Pirandello (1909). Der Roman beschreibt den Generationenkonflikt zwischen den Alten, die an die Ideale des Risorgimentos glaubten, und den Jungen, die nach der Einigung Italiens auf die Welt kamen. Der Konflikt endete mit einer doppelten Niederlage: Junge und Alte werden von einem Staat betrogen, der nicht dazu in der Lage ist, die Gesellschaft zu verändern.
- Gesammelte Gedichte, Salvatore Quasimodo (1960). Für den aus Modica stammenden Dichter, einen „unfreiwilligen Exilanten“, ist Sizilien die poetische Umsetzung der Nostalgie: dem Land der Erinnerungen, die teilweise durch die Sanftheit der Kindheitserinnerungen zum Mythos werden.
- Jedem das Seine, Leonardo Sciascia (1966). Von einer Kriminalgeschichte, die sich in Agrigento zugetragen hat, inspiriert, ist der Roman eine Detektivgeschichte, in der anhand der Geschehnisse die mafiöse Mentalität untersucht wird, welche die Gesellschaft durchdringt: Jeder ist ein Komplize, ob er es weiß oder nicht.
- König Zosimo, Andrea Camilleri (2001). Dieser im sizilianischen Dialekt verfasste Roman ähnelt einer historischen Erzählung, in der es um den Bauern Zosimo geht, der König von Girgenti wurde. In Wirklichkeit aber ist es ein Märchen mit grotesken Untertönen.
- Le ceneri di Pirandello, Roberto Alajmo, Illustrationen von Mimo Palladino (2008). Alajmos ironischer Schreibstil eignet sich gut, um die paradoxe Geschichte der Überführung von Pirandellos Asche von Rom nach Agrigent zu rekonstruieren. Anhand der Geschichte wird außerdem das Verhältnis der Sizilianer zum Tod untersucht.
- Il delitto di Kolymbetra, Gaetano Savatteri (2018). In der verwunschenen Landschaft des Tals der Tempel wird ein abscheulicher Mord begangen, den die „Zufallsdetektive“ Lamanna und Piccionello aufklären müssen. Das Buch ist ironisch und sarkastisch geschrieben und sehr unterhaltsam.
Kinder- und Jugendliteratur:
- Magaria(2013) und Märchen für Kinder(2023), Andrea Camilleri. Dank seiner Fantasie schrieb Camilleri auch mehrere Kindergeschichten voller Magie und Zauberei. Oft geht es in den Geschichten um das Verschwinden von Personen. Ein wenig erinnern sie an die Kriminalromane mit Commissario Montalbano.
- La Sicilia antica. Guida archeologica per ragazzi, William Dello Russo (2015). Über Erzählungen werden die Wunder der archäologischen Stätten Siziliens den Kindern und Jugendlichen näher gebracht.
- Il tempio di Agrigento. Meraviglie d’Italia da costruire, Stefano Trainito (2019). Das illustrierte Buch beschreibt das Tal der Tempel und die Charakteristika der griechischen Tempel. Absolutes Highlight ist das Modell des Concordiatempels, das nach einer detaillierten Anleitung gebaut werden soll.
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