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DIE ALTSTADT VON NEAPEL

icona patrimonio sito UNESCO
WELTKULTURERBE
DOSSIER UNESCO: 726 BIS
VERLEIHUNGSSTADT: BERLIN, DEUTSCHLAND
VERLEIHUNGSJAHR: 1995
BEGRÜNDUNG: Neapel bewahrte seit der im Jahr 470 v. Chr. durch die Griechen gegründeten Kolonie Neapolis bis zum heutigen Tag die Spuren, die die nachfolgenden, aus Europa und dem Mittelmeerraum stammenden Kulturen hinterließen. Somit wurde Neapel zu einer einzigartigen Kulturstätte, die reich an außergewöhnlichen historischen Bauten und Kulturdenkmälern ist.

„Und wer weiß! Wer weiß schon, wie Neapel wirklich ist.
Aber manchmal denke ich, dass Neapel, auch wenn es
die Stadt, von der ich spreche, nicht gibt, so existiert sie
doch als Konzept, als Adjektiv. Und so denke ich, dass
Neapel die neapolitanischste Stadt ist, die ich kenne,
und dass ich überall auf der Welt, wo ich hinkam, sah,
dass ein kleines Stückchen Neapel nötig war.“

Così parlò Bellavista, Luciano De Crescenzo

Die größte historische Altstadt Italiens, die von Neapel, blickt auf eine 3000 Jahre alte Geschichte zurück. Dank ihrer außergewöhnlichen historischen Bauten und Kulturdenkmäler wurde sie zum UNESCOWeltkulturerbe erklärt: In der Altstadt ist die Straßenführung aus der Zeit der griechischen Antike noch erhalten und wird auch genutzt. Neapel gehört zu einer der ältesten Städte Europas und wurde von den Griechen 470 v. Chr. gegründet. Heute kommen Touristen aus aller Welt hierher. Sie besichtigen bedeutende Museen, mysteriöse Katakomben, prächtige Kreuzgänge, historische Palazzi und Klöster sowie die Via San Gregorio Armeno, die berühmte „Krippenstraße“, die aufgrund der hohen Besucherzahlen zu bestimmten Zeiten im Jahr sogar zur Einbahnstraße erklärt werden muss. Viele Herrscher versuchten, Neapel zu erobern und zu beherrschen, von den Byzantinern über die Anjou bis hin zu den Normannen. Die Aragonier bauten den Königspalast und unter den Bourbonen blühte die Stadt in den Bereichen Kunst, Kultur und Wissenschaft auf. Hinterlistige oder aufgeklärte Herrscher hinterließen immer ihre Spuren, doch dank seiner Identität, die im Laufe der Jahrhunderte immer stärker wurde, bewahrte sich Neapel stets seinen unabhängigen Geist – und die Neapolitaner natürlich auch. So können wir nicht nur Meisterwerke der Kunst, Geschichte und Architektur besichtigen, sondern auch genau diese Identität spüren, die auf den Straßen und bei den Einwohnern Neapels zum Ausdruck kommt: eine von Stolz geprägte Menschlichkeit.

NICHT ZU VERPASSEN

„Neapel ist tausend Farben / ist tausend Ängste / Neapel ist die Stimme der Kinder / die sich leise erhebt und du weißt / dass du nicht allein bist.“

So beschrieb Pino Daniele 1977 in seinem Lied die tausend Facetten Neapels. Auf dieser Route schlendert man durch die historische Altstadt mit den Licht- und Schattenseiten Neapels.
Google Maps
Die erste Etappe auf der Route durch die Altstadt ist die
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Chiesa del Gesù Nuovo: Hier fällt in erster Linie die Fassade mit Bossen aus Piperno auf. An der Stelle der Kirche stand ursprünglich der Palazzo der aristokratischen Familie Sanseverino. Dieser wurde 1547 vom Vizekönig Pedro de Toledo konfisziert und den Jesuiten verkauft. Laut einiger Wissenschaftler sollen auf mehreren Bossenquadern Noten eingraviert sein, sodass die Fassade als riesige Partitur gesehen werden könnte. Einige Meter weiter kommen wir zur gotischen
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Basilika Santa Chiara, and a few steps further to its Convent und zum Kloster mit seinem außergewöhnlichen, von Maria Amalia von Sachsen in Auftrag gegebenen Kreuzgang (Chiostro delle Clarisse): Dank der Dekoration mit Zitruspflanzen, Glyzinen und der 30.000 Majolika-Fliesen gleicht er einer kostbaren Knospe. Nach einigen Minuten Fußweg erwartet uns das Museum Cappella Sansevero mit dem durch Raimondo di Sangro in Auftrag gegebenen
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Verschleierten Christus, einem Meisterwerk des Bildhauers Giuseppe Sanmartino. Das im 18. Jh. entstandene Werk verblüfft den Betrachter, ob des wahrhaftig erlebbaren Ausdrucks eines in Marmor gemeißelten Körpers, der nicht wie Marmor, sondern wie ein lebendiger Körper aussieht. Von hier gehen wir wieder auf den Decumano inferiore, bzw. den
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Spaccanapoli, eine lange Straße, die die Altstadt in zwei Hälften teilt. Die am häufigsten besuchte Straße ist die Via San Biagio dei Librai. Über die Via San Gregorio Armeno, die „Krippenstraße“ (oder „die Hirtenstraße“), kommt man zum
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Klosterkomplex San Gregorio Armeno, in dessen Kirche viele Kunstwerke besichtigt werden können. Nicht verpassen darf man die
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Chiesa dei Girolamini sowie die älteste Bibliothek Neapels, die seit 1586 der Öffentlichkeit zugänglich ist. Sie enthält 160.000 Bände und den beeindruckenden Saa Sala Vico. Weiter vorne befindet sich der
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Dom und der Schatz des San Gennaro, wo das Blut des Heiligen aufbewahrt wird. Dreimal im Jahr wartet Neapel darauf, dass sich das eingetrocknete Blut verflüssigt. Hier werden auch die Schmuckstücke aufbewahrt, aus denen der Schatz besteht, insbesondere die Reliquienbüste des Heiligen und die Mitra aus dem 18. Jh. mit 3.694 Edelsteinen. Im
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Pio Monte della Misericordia hingegen kann man eines der Werke des Caravaggio, die Sieben Werke der Barmherzigkeit, besichtigen. Interessiert man sich für zeitgenössische Kunst, so geht man in das
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Museum MADRE im Palazzo Donnaregina aus dem 19. Jh. Das
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MANN empfiehlt sich für all diejenigen, die archäologische Funde aus der Zeit der römischen Antike besichtigen möchten. Zu seinen 250.000 Meisterwerken gehören auch der Farnese-Atlas und das Alexander-Mosaik.

„Und was für ein Himmel!
Ein transparenter,
türkisfarbener Himmel.
So fällt der Schnee in Neapel,
auf dem Vesuv.“

‘A neva, Eduardo De Filippo

Das Theater von San Ferdinando, ein historischer Spielort Neapels, gehört zu den ältesten Theatern der Stadt und kann als Tempel der dramaturgischen neapolitanischen Kunst bezeichnet werden. Am 25. Februar 1948 entschied Eduardo De Filippo, das Theater zu kaufen und investierte sein gesamtes Vermögen in die Nachkriegsrestaurierung. Aufgrund einer zu hohen Verschuldung musste das Theater 1961 geschlossen werden. Nach diversen Höhen und Tiefen öffnete das Theater 2007 wieder und führte Der Sturm von Shakespeare in der neapolitanisch-barocken Übersetzung von Eduardo De Filippo aus dem Jahr 1982 auf. Dem Dramaturg ist ein kleines Zimmer gewidmet, das besichtigt werden kann. Darin befinden sich Möbel und Gegenstände sowie ein Koffer mit Kostümen. Im Foyer ist es möglich, im Rahmen einer Führung eine Dauerausstellung zu besuchen, in der die Geschichte des Theaters vom Café Chantant bis zur Avantgarde, über die Komödie und das Avantgarde-Theater anhand zahlreicher Relikte – wie Eduardos Manuskripten oder Totòs berühmten Pinocchio-Kostüms – erzählt wird.

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Die italienischen UNESCO-Welterbestätten erzählen ihre Geschichte durch die Worte großer Schriftsteller, die ihre Geschichte und Schönheit gefeiert haben

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FÜR DIE JÜNGSTEN

„MAN SAGE, ERZÄHLE, MALE, WAS MAN WILL, NEAPEL ÜBERTRIFFT ALLES. DIE UFER, BUCHTEN UND BUSEN DES MEERES, DER VESUV, DIE STADT, DIE VORSTÄDTE, DIE KASTELLE, DIE LUSTRÄUME! WIR SIND ABENDS IN DIE GROTTE DES POSILIPO GEGANGEN, DA EBEN DIE UNTERGEHENDE SONNE ZUR ANDERN SEITE HEREINSCHIEN. ICH VERZIEH ES ALLEN, DIE IN NEAPEL VON SINNEN KOMMEN.“
attività per bambini del sito UNESCO nr. 11
So verlieh der große deutsche Dichter Goethe seiner Begeisterung für Neapel Ausdruck, als er die Stadt bereiste. Wie viele andere junge Aristokraten reiste Goethe im Rahmen seiner Bildungsreise, der Grand Tour, durch Kontinentaleuropa. Lasst Euch von dieser Begeisterung anstecken und geht den Weg durch Neapel, der am
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Castel Nuovo, auch Maschio Angioino genannt, beginnt. Es handelt sich um ein mittelalterliches Schloss aus der Renaissancezeit, dass Kinder und Jugendliche mit seinen alten Sälen und Kellergewölben, den alten Gefängnissen, begeistert. Auch wenn keiner unter Euch Fan des Fußballclubs Neapel ist, so macht es bestimmt Spaß, einmal zu den
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Wandmalereien mit dem abgebildeten Diego Armando Maradona im Spanischen Viertel zu pilgern. Große und Kleine werden in Anbetracht der Ausstellungsstücke im
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Königlichen Mineralogischen Museum vor Staunen den Mund nicht mehr zu bekommen. Sein Sitz ist in einem Palast aus dem 16. Jh. und es beherbergt in etwa 45.000 Mineralien, die in unterschiedliche Sammlungen aufgeteilt sind. Für diejenigen, die eine Schwäche für Mysteriöses haben, gibt es einen Ort, der einfach besichtigt werden muss: die 1327 erbaute
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Chiesa di Santa Luciella ai Librai, in deren Kellergewölben der berühmte Totenkopf mit den Ohren aufbewahrt wird. Der Schädel hat mummifizierte Knorpel, die wie echte Ohren aussehen – sie sind es aber nicht. Auch den Kindern, die nicht leicht zufriedenzustellen sind, wird mit Sicherheit das von einem gewissen Zauber umgebene
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Puppenkrankenhaus gefallen. Hier können Menschen aus aller Welt ihre defekten Puppen oder Hampelmänner zur Reparatur einschicken. Von hier aus ist es nur ein kurzer Spaziergang zur
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Via San Gregorio Armeno, der „Krippenstraße“, wo Ihr die schönsten Figuren für Eure Krippe aussuchen oder
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ilCartastorie besuchen könnt, das Museum des Historischen Archivs der Banco di Napoli. Dort könnt Ihr in den Schriften der alten neapolitanischen öffentlichen Banken Geschichten und Figuren entdecken. Interessant ist auch das Angebot, das es im
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MANN dem Museo Archeologico Nazionale di Napoli, für Kinder gibt: Kreativlabore und viele andere Angebote für die Kleinsten. Zum Ende unserer Altstadttour erwarten Euch noch zwei Etappen: die
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Fabel Krippe in der Basilika Santa Maria mit über 100 Hirten im Stadtviertel Sanità und der
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Botanische Garten mit giftigen Pflanzen und Insektenfressern, einem Kameliengarten, einem Tastund Geruchsmuseum sowie anderen wunderschönen Winkeln der Natur.
sito UNESCO nr. 11 in Italia
LESEEMPFEHLUNGEN

Buchempfehlungen, um bis zum Herzen Neapels vorzudringen.

  • Italienische Reise, Johann Wolfgang von Goethe (1816–17). Reisebericht, in dem der große deutsche Dichter unter anderem über seinen Aufenthalt in Neapel Ende des 18. Jh. berichtet: zwei Monate, die ihn so begeisterten, dass er die Stadt als den „wunderbarsten Ort“ der Welt bezeichnete.
  • Der Bauch von Neapel, Matilde Serao (1884). Im Buch wird die Geschichte Neapels am Ende des 19. Jh. erzählt. Die Schattenseiten und Schwierigkeiten werden nicht ausgespart. Somit wird ein hochaktueller und nicht vereinfachter Einblick in die Stadt Neapel gewährt.
  • Das Gold von Neapel, Giuseppe Marotta (1947). Eine Sammlung von Kurzgeschichten, die Neapel und seine Bewohner durch Geschichten von Liebe, Erlösung und Verzweiflung porträtieren.
  • Le poesie di Eduardo, Eduardo De Filippo (1975). Der berühmte Dramaturg besingt seine Stadt.
  • Also sprach Bellavista, Luciano De Crescenzo (1977). Im ersten Werk von De Crescenzo stehen die unterschiedlichen Personen des Romans im gegenseitigen Dialog: die Beschreibung eines Neapels, das nie banal ist und sich von seiner besten Seite in der Kunst des Lebens zeigt.
  • Der Tag vor dem Glück, Erri De Luca (2009). Dies ist die Geschichte des Handwerkers Don Gaetano und Smilzo, die in den 1950er Jahren in einem Neapel spielt, das auch überfüllt und wild sein kann.
  • Meine geniale Freundin, Elena Ferrante (2011). Der erste Roman der Reihe führt in ein authentisches Neapel der Nachkriegszeit, in dem – nicht ganz unproblematisch – der Versuch unternommen wird, die Zukunft durch die Augen zweier Mädchen, Lenù und Lila, zu betrachten.
  • Die Bastarde von Pizzofalcone Maurizio De Giovanni (2013). Ein Roman, der im Polizeirevier von Pizzofalcone spielt, mit Kommissar Giuseppe Lojacono als Protagonist. Es folgten viele weitere Romane und auch eine erfolgreiche Fernsehserie.
  • Nostalgia, Ermanno Rea (2016). Der schöne Roman, von dem sich Regisseur Mario Martone für seinen Film inspirieren ließ, der 2022 beim Festival von Cannes vorgestellt wurde, erzählt von Felices Rückkehr in seine Stadt und sein Viertel, das Sanità, und in seine Vergangenheit.
  • Cara Napoli, Lorenzo Marone (2018). Die Liebeserklärung des Autors an seine Stadt in Form einer Collage aus seinen wöchentlichen Veröffentlichungen für La Repubblica di Napoli bietet einen neuen Blick auf eine Stadt, die immer wieder aufs Neue überrascht.

Kinder- und Jugendliteratur:

  • Partenope Magica. Miti e leggende della Napoli antica, Clara Barbara Manacorda (2006). Es handelt sich um einen Rundgang inmitten der Altstadt, um die neapolitanischen Legenden zu entdecken, von der Sansevero-Kapelle bis zu den Palästen des historischen Zentrums, vom Flachrelief von Colapesce bis zum Castel Nuovo und Castel dellʼOvo; und dann das Grab von Virgil, die Kirche Santa Maria del Parto, Palazzo DonnʼAnna...
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