DIE NURAGHE VON BARUMINI
WELTKULTURERBE
1949 entdeckte der aus Sardinien stammende Archäologe Giovanni Lilliu nach einer durch Starkregen verursachten Bodenerosion die archäologische Stätte Su Nuraxi. Zum damaligen Zeitpunkt war es nicht mehr als ein Hügel in der Landschaft Marmilla. Giovanni Lilliu leitete die 6 Jahre andauernden Ausgrabungen und legte den bedeutendsten Nuraghenkomplex Sardiniens frei, der seit 1997 zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Dank dieser außerordentlichen Entdeckung konnte Licht ins Dunkel der faszinierenden Geschichte der Nuraghen-Kultur gebracht und die Bedeutung selbiger Nuraghen in der Geschichte Sardiniens untermauert werden. Viele Gebäude der Siedlung, zu der auch die am Hang angelegte wabenartige Rundstruktur gehört, gehen auf die Eisenzeit, die ersten Hütten hingegen auf die Bronzezeit (11. – 12. Jh. v. Chr.) zurück und viele der heute noch sichtbaren Ruinen gehen auf die Zeit danach, zwischen dem 6. und 7. Jh. vor Chr., zurück. Der älteste Teil des Komplexes ist der zentrale, ursprünglich 18,6 m hohe und dreistöckige Zentralturm. Etwa 1200 v. Chr. kamen noch weitere vier Türme und eine große Stadtmauer hinzu. Die Verteidigungsmauer entstand schrittweise. Obgleich die Siedlung im 7. Jh. v. Chr. zum Teil zerstört worden war, entwickelte sich die Stätte weiter, da sie ständig – auch in der Zeit der römischen Antike – bewohnt blieb. Sollten die Nuraghen aus einer jahrhundertealten Zivilisation hervorgegangen sein, die sich in geografischer und kultureller Hinsicht auf einer einzigartigen Insel entwickelten, dann fließen in Su Nuraxi di Barumini all diese Besonderheiten zusammen.
NICHT ZU VERPASSEN
„Die Nuraghen sind für Sardinien das, was die Pyramiden für Ägypten und das Kolosseum für Rom sind: Sie sind Zeugnis für eine blühende und in historischer Hinsicht tatkräftige Zivilisation sowie eine Spiritualität, die den äußeren Erscheinungen einen monumentalen und dauerhaften Charakter verlieh. Keine andere Inselarchitektur der Antike sowie späterer Epochen veranschaulicht Macht, Majestät, Solidarität, Anstrengungen in Bauweise und Religiosität wie die Nuraghen.“
Giovanni Lilliu vertrat die Auffassung, dass die Nuraghen unabdingbar zur Landschaft und Kultur Sardiniens gehören: Wer Sardinien besucht, der erkennt, dass die Kraft und die geheimnisvolle Atmosphäre, die von den Nuraghen ausgeht, Ausdruck der sardischen Identität sind. Wir beginnen unsere Tour in der Marmilla, einer Landschaft mit einer hohen Dichte an archäologischen Stätten in Zentral- und Südsardinien und reisen in Richtung Küste mit ihrem wunderschönen Meer, bis nach Sulcis-Iglesiente.
Google Maps
„Die Nuraghen sind zweifelsohne das am
weitesten verbreitete Merkmal der sardischen
Landschaft, doch nicht einmal die Tatsache,
dass die Nuraghen so häufig sichtbar sind,
schafft es, dem Betrachter ein Gefühl von
Vertrautheit einzuflößen: Was bleibt, ist
der Gedanke, dass es anderswo nichts
Vergleichbares gibt.“
Die Nuraghen bilden auf Sardinien ein regelrecht gegliedertes System an prähistorischen Siedlungen. Außer dem wabenförmigen Komplex von Su Nuraxi gibt es einige weitere bemerkenswerte Komplexe (wie zum Beispiel die 25 m hohe Nuraghe Santu Antine di Torralba im Gebiet um Sassari). Über Jahrhunderte wussten die Sarden nicht, was es mit den Nuraghen auf sich hatte, sodass Hirten sie manchmal sogar als Unterstand benutzten. Dank der in der Archäologie eingesetzten Radiokarbonmethode brachten die Steintürme Licht in das Dunkel der geheimnisvollen Nuraghenkultur: Es handelte sich nämlich um befestigte Siedlungen, die auf die Bronzezeit zurückgehen und nicht nur die Funktion von Wachtürmen erfüllten, sondern wahrscheinlich auch als Kultstätte für die Ausübung religiöser Riten oder als Versammlungsort für Feierlichkeiten oder Handel fungierten. Die Spuren eines Komplexes, der gebaut und bewohnt wurde, eine Identität hatte und eine Funktion erfüllte, und dann zum Symbol einer längst vergangenen und für uns nicht mehr fassbaren Zeit wurde.
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Die italienischen UNESCO-Welterbestätten erzählen ihre Geschichte durch die Worte großer Schriftsteller, die ihre Geschichte und Schönheit gefeiert haben
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„CONTOS DE FUCHILE (KAMINGESCHICHTEN), MIT DIESEM SANFTEN NAMEN, DER DIE RUHE LANGER FAMILIENABENDE AM KAMIN BEZEICHNET; WERDEN BEI UNS FABELN, FABELHAFTE UND WUNDERBARE LEGENDEN GENANNT, DIE IM NEBEL DER EPOCHEN VERSCHWINDEN, DIE SICH VON DER UNSRIGEN UNTERSCHEIDEN. DAS SARDISCHE VOLK IST INSBESONDERE IN DEN WILDEN BERGEN UND DEN ABGELEGENEN HOCHEBENEN MIT IHRER GEHEIMNISVOLLEN LANDSCHAFT [….] SEHR FANTASIEVOLL UND ABERGLÄUBISCH.“


LESEEMPFEHLUNGEN
Buchempfehlungen, um Sardinien und die Nuraghen besser zu verstehen.
- Nella terra dei nuraghes, Sebastiano Satta, Pompeo Calvia, Luigi Falchi (1893). Sardinien ist der Horizont, der die Verse der drei Poeten einatmet.
- Nuraghe so, sos seculos isfido, Celestino Caddeo (1902). Verse, die der Dichter Dualchi (Nuoro) den Nuraghen widmete.
- Das Meer und Sardinien, D.H. Lawrence (1921). Die Beschreibungen in diesem Reisetagebuch zu Sardinien treffen immer noch genau zu.
- Sardinien: Ein Land der Kindheit, Elio Vittorini (1952). Reisebericht in Sardinien des jungen Vittorini, der von der Insel und den Nuraghen fasziniert ist.
- I nuraghi della Sardegna, Le vie d’Italia, Giovanni Lilliu (1953). Artikel von grundlegender Bedeutung des Archäologen, der Su Nuraxi „entdeckte“.
- 18 mal Italien, Guido Piovene (1957). Einzigartige und detaillierte Reportage von den Alpen bis nach Sizilien – über Sardinien und Su Nuraxi, das der Autor mit dem Leiter der Ausgrabungen, Giovanni Lilliu, besucht.
- Su Nuraxi di Barumini, Giovanni Lilliu, Raimondo Zucca (1988). Eine genaue historische und kulturelle Rekonstruierung.
- Controstoria dell’architettura in Italia, Bruno Zevi (1995). Der Architekturhistoriker stellt Fragen zur Natur und zur Bedeutung des Nuraghendorfes Su Nuraxi.
- Passavamo sulla terra leggeri, Sergio Atzeni (1996). Die Geschichte Sardiniens, „Tausende von Jahren der Isolation zwischen Bronzen und Nuraghen“, bis zur Eroberung durch die Aragonesen.
- Accabadora: tecnologia delle costruzioni nuragiche, Franco Laner (1999). Man beginnt bei der Architektur, um einen neue Interpretation des Ursprungs und der Bedeutung der Nuraghen zu liefern.
- Opere, Giovanni Lilliu (2008). Alle schriftlichen Beiträge des Archäologen, Hrsg. Alberto Contu.
- Elf Wege über eine Insel – Sardische Notizen, Michela Murgia (2008). Im Kapitel „Steine, Nuraghen, Mauern, Menhire und Bräute“ schreibt die Autorin über die Bedeutung, die Steine als „wichtigster symbolischer Ort der Erinnerung“ für die Sarden haben.
- Il sogno dello scorpione, Salvatore Niffoi (2021). Während die Welt einem tödlichen Fieber erliegt, überleben die Hauptfiguren in einer Nuraghe dank der Geschichten, die sie sich erzählen.
Kinder- und Jugendliteratur:
- Fiabe e leggende sarde, Grazia Deledda (2013). Erzählungen, bei denen es um die sardische Tradition geht.
- L’uomo del nuraghe, La morte e la vita e altre novelle, Grazia Deledda (2018). Zehn Erzählungen, die in Il Corriere della Sera, La Lettura e Il Giornalino della Domenica zu Beginn des 20. Jhs. veröffentlicht wurden und seither in ihrer Originalform nicht publiziert wurden.
- La civiltà nuragica per i più piccoli dall’Età del Bronzo all’Età del Ferro, Nicola Dessì (2021). Lustiges und detailliertes Bilderbuch.

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