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PORTOVENERE, CINQUE TERRE UND DIE INSELN (PALMARIA, TINO UND TINETTO)

icona patrimonio sito UNESCO
KULTURLANDSCHAFT
DOSSIER UNESCO: 826BIS
VERLEIHUNGSSTADT: NEAPEL, ITALIEN
VERLEIHUNGSJAHR: 1997
BEGRÜNDUNG: Die ligurische Riviera zwischen Portovenere und den Cinque Terre, östlich von Genua, ist eine Kulturlandschaft von außerordentlichem Wert. Dank des harmonischen Zusammenspiels zwischen Mensch und Natur konnte eine einmalige Landschaft entstehen, in der eine seit Jahrhunderten bestehende Lebensweise veranschaulicht wird, die noch immer eine wichtige sozioökonomische Rolle im Leben der Gemeinschaft spielt.

„Dort kommt Triton heraus / von den Wellen, die an
die Schwellen eines christlichen / Tempels schlagen,
und jede nahende Stunde ist uralt. Jeder Zweifel /
wird an der Hand geführt, wie eine freundliche Maid.
Es gibt niemanden, der schaut / oder auf sich selbst
hört. Da bist Du am Ursprung / und zu entscheiden
ist törricht: Du wirst später abreisen / um ein Gedicht
anzunehmen.“

Là fuoresce il Tritone, in Tintenfischknochen, Eugenio Montale

Eine bezaubernde Natur von ergreifender Schönheit und eine faszinierende, von Tradition und Originalität geprägte Geschichte am Rande der am häufigsten begangenen Wege. Dazu kommt das perfekte Zusammenspiel von Natur und Intervention des Menschen. Genau dies prägte eine Landschaft, die sich sowohl durch ihre natürlichen als auch durch die vom Menschen geschaffenen Merkmale auszeichnet, wobei das eine untrennbar mit dem anderen verbunden ist: Die ligurische Riviera östlich von Genua, die sich von den Cinque Terre bis zur Landzunge von Portovenere und zu den Inseln Palmaria, Tino und Tinetto erstreckt, gehört seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Als dieser Teil Italiens 1874 mit der Eisenbahn erschlossen wurde, kamen immer mehr Reisende und sowohl italienische als auch andere europäische Künstler, Dichter und Schriftsteller waren begeistert. Von Lord Byron bis Eugenio Montale, von George Sand bis Philippe Jaccottet: Viele, die sich während einer Reise oder eines Aufenthalts für diese Orte begeisterten, widmeten ihnen Verse, Bücher und Kunstwerke.

NICHT ZU VERPASSEN

„Monterosso, Vernazza, Corniglia, Falken- und Möwennester, Manarola und Riomaggiore sind, von Westen nach Osten, die Namen einiger Dörfer oder Dörfchen, die so zwischen den Klippen und dem Meer eingezwängt sind.“

So beschreibt Eugenio Montale in Fuori di casa die Cinque Terre, die wir auf dieser Route bis Portovenere und bis zu Inseln, dem Tor zum Golf der Dichter, erkunden können. Letzterer (eigentlich der Golf von La Spezia, der sich von Portovenere aus in Richtung Toskana erstreckt) verdankt seinen Namen dem Dramatiker Sem Benelli, der 1910 den Ausdruck prägte, um die Bucht zwischen San Terenzo und Lerici zu benennen. Der Golf der Dichter verdient es, hier erwähnt zu werden, da unter anderem Dante, Petrarca, Boccaccio, Carducci, Pasolini sowie Mary und Percy Shelley, Charles Dickens, Henry James, Virginia Woolf und D.H. Lawrence hier waren und sich inspirieren ließen.
Google Maps
Das Meer, die unzugänglichen Felsen, die Hügel und die üppige Vegetation sind eine bezaubernde Kulisse, aber nicht nur das: Die fünf Dörfer, die um das Jahr 1000 von den Bewohnern des Val di Vara an scheinbar unzugänglichen Stellen gegründet wurden, zeigen, dass Meer und Berge auf unerwartete Weise miteinander in Dialog treten können, wenn es den Menschen gelingt, die Natur zu zähmen. Unsere Wanderung verläuft auf den Verbindungswegen entlang der Trockenmauern, die die Terrassen kilometerweit über dem Meer stützen. Sie beginnt in
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Monterosso al Mare, dem „gezähmtesten“ der fünf Orte, der mit seinen engen Gassen und schönen Plätzen, Kirchen und einen spannenden Start garantiert. Weiter geht es nach
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Vernazza, ein Dorf, das inmitten einer perfekten Kulisse aus bunten Häusern und Klippen, die sich bis zum Meer erstrecken, auftaucht. Ein ähnliches Bild bietet das von Weinbergen umgebene
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Corniglia, dessen Farben denen des Wassers ähneln. Dieser Umstand erinnert daran, dass dieses Dorf vielleicht das authentischste von allen ist und seine Verbindung zum Land der Cinque Terre am deutlichsten zu sehen ist. Die nächste Station ist
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Manarola, wo ein Gleichgewicht zwischen dem, was zum einen die Natur und zum anderen der Mensch geschaffen hat, sichtbar ist. Schließlich erreichen wir
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Riomaggiore, dessen schattige kleine Plätze von den MacchiaioliMalern-Maler gemalt wurden. Weiter südlich erwartet uns
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Portovenere: Das von Künstlern und Dichtern geliebte „Veneris Portus“ der Römer (Lord Byron soll in der Grotta Arpaia, heute als Grotta di Byron bekannt, für die Höhle in Der Korsar inspiriert worden sein) verzaubert mit einem Panorama aus bunten Turmhäusern entlang der engen Gassen, dem Doria-Schloss, dem unruhigen Vorgebirge und, vor der Küste, den Silhouetten der Inseln
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Palmaria,
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Tino und
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Tinetto.

„Myrtengebüsch, Steineichen,
in Trümmer zerfallenes Kloster,
Leuchtturm, felsige Bucht,
liebliche Welle des Meers.“

Gedichte, August von Platen-Hallermünde

Von den drei Inseln des Naturparks Portovenere ist Palmaria die größte und zugänglichste. Man kann sich dort am Strand entspannen, einen 7 km langen Rundgang zu machen, um stillgelegte Marmorminen, verlassene Militärgebäude und bezaubernde Aussichtspunkte zu entdecken oder um klettern zu gehen. Die südlich von Palmaria gelegene dreieckige Felseninsel, die Insel Tino, von Shelley in „Sireneninsel“ umbenannt, steht unter der Gerichtsbarkeit der Kriegsmarine. Sie darf jedoch am 13. September, dem Fest des Schutzheiligen, und im Rahmen der von der Naturparkbehörde organisierten Ausflüge besucht werden. Da sie nicht frei zugänglich ist, sind Vegetation, Ausblicke und Fauna erhalten geblieben. Eine menschliche Spur ist der Leuchtturm im neoklassizistischen Stil, der Seefahrern jahrhundertelang als Wegweiser diente. Im Osten befinden sich ein kleiner Hafen, in dem Boote anlegen, sowie Überbleibsel aus der römischen und mittelalterlichen Zeit. Etwa 100 m von Tino entfernt, scheint die Insel Tinetto kaum mehr als ein Felsen zu sein. Ähnlich wie ihr nächster Verwandter, jedoch fast ohne Vegetation, hat sie eine historische Bedeutung: Im 6. Jh. befand sich hier eine benediktinische Klostersiedlung, die dann nach Tino und schließlich nach Palmaria verlegt wurde.

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Die italienischen UNESCO-Welterbestätten erzählen ihre Geschichte durch die Worte großer Schriftsteller, die ihre Geschichte und Schönheit gefeiert haben

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FÜR DIE JÜNGSTEN

„LAUT EINER LEGENDE WEINT EINE MEERÄSCHE, WENN SIE IHREN PARTNER VERLIERT, BIS ZU IHREM TOD. MAN SAGT AUCH, DASS ES DAS MEER IN MANAROLA FRÜHER NICHT GAB UND DORT WEINREBEN STANDEN. DAS MEER KAM, WEIL DAS WEINEN DER AUS LIEBLOSIGKEIT ZURÜCKGELASSENEN MEERÄSCHEN DESSEN ANSTIEG VERURSACHTE.“
attività per bambini del sito UNESCO nr. 22
Das authentische Universum der Cinque Terre, jenseits der Touristen und der Strände, steht im Mittelpunkt der Kurzgeschichtensammlung für Kinder (und nicht nur!) Storie vere di un mondo immaginario von Dario Vergassola. Eine ausgezeichnete Lektüre, in der die Schönheit und Authentizität der Orte aus neuen Blickwinkeln erzählt wird: denen eines Jungen, der zum Tintenfisch geworden ist, eines Tintenfisches, der sich in eine Zitrone verliebt, von Sardellen und Kaulquappen. Kinder und Jugendliche, die ans Wandern gewöhnt sind, werden uns gerne auf einer mehr oder weniger langen Strecke der Cinque Terre-Wanderung folgen. Die weniger anspruchsvollen Strecken zwischen Corniglia und Vernazza sowie zwischen Vernazza und Monterosso sind nicht leicht zu bewältigen, doch die Weinberge, der Meeresblick, der Nervenkitzel bei den steilen Passagen und die Genugtuung, es geschafft zu haben, sowie die bunten Häusern der Dörfer, ein Bad am Strand und köstliche Focaccia werden positive Erinnerungen hinterlassen. In
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Monterosso al Mare kann man bei vom Parco Letterario Montale und Cinque Terre organisierten Spaziergangs bei der „gelben Pagode“, wie Eugenio Montale das Jugendstilgebäude nannte, Halt machen oder nach den Tafeln mit seinen Gedichten suchen. In
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Vernazza könnt Ihr rund um den mittelalterlichen Turm des Doria-Schlosses Geschichten über das Meer und die Seefahrer nachspielen. In
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Corniglia könnt Ihr die 377 Stufen der Scalinata Lardarina zählen. In
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Manarola bewundert Ihr die riesige Installation aus Blechen, Glühbirnen, Kabeln und Schildern der beleuchteten Krippe, die jedes Jahr auf den Terrassen vor dem Dorf leuchtet. In
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Portovenere erlebt Ihr ein Abenteuer und lichtet den Anker zu den Inseln
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Palmaria,
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Tino und
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Tinetto. Beim Weitererkunden der Levante-Region lasst Ihr Euch den 12 km langen Radweg des Canale Lunense nicht entgehen. Im Val di Vara, in der Provinz La Spezia, könnt Ihr die üppige Natur des
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Lago Puro und die Wanderwege (mit einer 250 m langen Seilbahn) des
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Parco Avventura Val di Vara genießen. Nach Eurer Rückkehr könnt Ihr Euch den Animationsfilm Luca aus dem Jahr 2021 ansehen: Die imaginäre Stadt Portorosso ist der Schauplatz für die Abenteuer des Seeungeheuers Luca, seiner Familie und seiner Freunde, ein Universum, das von Kreaturen bevölkert wird, die von den lokalen Legenden der ligurischen Levante-Region inspiriert sind.
sito UNESCO nr. 22 in Italia
LESEEMPFEHLUNGEN

Buchempfehlungen, um in das Herzstück des Gebiets vorzudringen.

  • Der Korsar, George Byron (1814). Eine halb-autobiografische Novelle in Versen, teilweise durch den Aufenthalt des Dichters in Portovenere inspiriert.
  • Sie und er, George Sand (1859). Die Reise des Liebespaares Thérèse und Laurent nach Italien ist geprägt von den Erinnerungen an Sands eigene Erfahrungen in Portovenere und am Golf der Dichter.
  • Gedichte, August von PlatenHallermünde (1834). Der deutsche Dichter und Dramatiker besuchte als Tourist den Golf der Dichter, dem er mehrere Schriften widmete, darunter ein Epigramm über die Insel Tino
  • Porto Venere, Carlo Linati (1910). Als Schriftsteller, Übersetzer, Journalist und Reisender verfasste Linati ein Porträt des Dorfes, das ihn und die großen Autoren faszinierte, welche er bewunderte und übersetzte.
  • I racconti delle Cinque Terre, Ettore Cozzani (1921). In dieser Kurzgeschichtensammlung sind Charaktere und Landschaft untrennbar miteinander verbunden.
  • Tintenfischknochen, Eugenio Montale (1925). In seiner berühmtesten Sammlung schrieb der ligurische Dichter Gedichte über die Cinque Terre und Portovenere, die insbesondere in den Gedichten I limoni, La casa dei doganieri, Meriggiare pallido e assorto und Là fuoresce il Tritone. vorkommen.
  • L’effraie et autres poésies, Philippe Jaccottet (1953). In dieser Gedichtsammlung widmet der französische Dichter Portovenere ein Gedicht, das von einer Liebesgeschichte handelt.
  • 18 mal Italien, Guido Piovene (1957). Piovene bereiste das Bel Paese drei Jahre und schrieb dann diese einzigartige und detaillierte Reportage, die als Klassiker der italienischen Reiseliteratur gilt. Von den Alpen über Ligurien bis nach Sizilien lädt uns der Autor ein, die Wunderwerke Italiens zu entdecken.
  • Fuori di casa, Eugenio Montale (1969). Von den Cinque Terre bis zu den Ländern Europas und des Nahen Ostens: Artikel, Notizen und Reiseberichte.
  • Vino al vino, Mario Soldati (1977). Die Geschichte von drei Reisen durch Italien auf der Suche nach echten Weinen wird zu einem faszinierenden Porträt der Menschen und der Landschaften der Provinz. Im Kapitel über die ligurischen Provinzen werden unter anderem die Insel Palmaria, Riomaggiore und Tellaro erwähnt.
  • L’Italia in seconda classe, Paolo Rumiz (2009). Das Ziel ist, in Italien so viele Kilometer mit dem Zug zurückzulegen wie zwischen Moskau und Wladiwostok liegen, und zwar in der zweiten Klasse. Ein interessanter Blick auf Italien seitens eines ironischen und intelligenten Autors. Rumiz streift im Kapitel „Il treno a filo di mare“ auch die Cinque Terre.
  • Mare verticale. Dalle Cinque Terre a Bocca di Magra, Marco Ferrari (2014). Aufstieg, Glanz und Niedergang des „unglaublichsten italienischen buen retiro“, wo so viele Künstler und Reisende Station gemacht haben.

Kinder- und Jugendliteratur:

  • Storie vere di un mondo immaginario, Dario Vergassola (2021). Eine Sammlung von Kurzgeschichten, in denen der Autor seine Version der Fakten über die in den Cinque Terre lebenden Meerestiere darlegt.
  • Luca, von Enrico Casarosa und Pixar/ Walt Disney Studios (2021). Die Kindheit des Regisseurs in Ligurien wurde zur Inspiration für einen weltweit erfolgreichen Animationsfilm.
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